Sunday, July 18, 2010

GERMAN - Fiebertherapie Essay

Fiebertherapie

    Autor: Dr. med. Wolfgang Wöppel (1946-2006)
    Internist-Naturheilverfahren
    Physikalische und rehabilitative Medizin
    Gründer und erster ärztlicher Direktor der Hufeland Klinik

1. Geschichtlicher Hintergrund:
Schon immer war Fieber für den Menschen etwas Besonderes: Einerseits Bedrohung mit dem Tod, andererseits Möglichkeit zu neuer Gesundheit. Daher haben sich viele Kulturen mit Fiebertheorien beschäftigt, die oft religiösen oder philosophischen Hintergrund hatten. Wenn wir noch heute vom "Fieberwahn" eines Kranken sprechen, so drücken wir damit eine Urvorstellung aus, die schon in frühgeschichtlicher Zeit anzutreffen war. Religion, Magie und Medizin bildeten bei den frühen Völkern eine Einheit und im Fieber sah man das Wirken eines aussermenschlichen Wesens, eines Dämonen, der gut oder bös sein konnte und der vom Menschen Besitz ergriffen hatte. So finden wir in den Schriften der alten Assyrer Beschwörungsformeln, mit denen die bösen Geister aus dem fiebernden Patienten ausgetrieben werden sollten.

Hippokrates führte die Idee der Kochung in die Medizingeschichte ein. In den Schriften des Hippokrates gilt Fieber als die höchste Steigerungsform der Kochung. Dabei ging Hippokrates vom Bild des gestörten Säftegleichgewichts im Körper aus: "Der Körper des Menschen hat in sich Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle... durch sie erleidet er Krankheit. Wirklich gesund ist er, wenn diese, sowohl der Wirkungskraft, als auch der Menge nach im richtigen Mischungsverhältnis stehen (Eukrasie)." Im Fieber ist der ganze Körper einer Durchkochung unterworfen, und seine gesamte Oberfläche wird zum Ausscheidungsorgan für das Abgetrennte, das mit dem Schweiß ausgeschieden wird. Je nachdem welche Art von Dyskrasie vorliegt, wird sich auch der Kochungsverlauf gestalten. Aufgabe des Arztes ist es, das Fieber im rechten Verhältnis zu den Säften zu bemessen. In dieser Schau wird der ganze Körper durch das Fieber so bearbeitet, dass er sich schädlicher Anteile z. B. des Eiters entledigen kann. Dadurch wird die ursprüngliche Harmonie im Organismus wiederhergestellt. Im hippokratischen Bild stellt die ganze Welt (Makrokosmos) eine Küche dar, und der Mensch (Mikrokosmos)hat diese Küche ein zweites Mal im Kleinen in sich. Im Fieber sind demnach Weltenkräfte wirksam, die sich im Menschen individualisieren.

Paracelsus (1493 - 1541) spricht in seinem "Archeus" einen Wesensbereich des Menschen an, der im Menschen die 4 Elemente (Wasser, Feuer, Luft und Erde) zu einem qualitativ neuen, zum fünften Element (quinta essentia) zusammenfasst. Der Mensch ist die Quintessenz der gesamten Schöpfung. Für Paracelsus ist das Fieber eine reinigende Kraft, deren sich der Archeus bedient, um den Körper zu entschlacken.

In der Physiologie und Pathologie van Helmonts (1579 - 1644) wird Fieber nur als Abfallprodukt der übernatürlichen Kräfte des Archeus angesehen, wenn diese das Trennen und Abscheiden vollziehen. Ursache des Fiebers ist für ihn der Kampf des Archeus gegen die feindliche Materie.

In der Folgezeit hielten die Naturwissenschaften ihren Einzug in das Denken der Ärzte und lösten damit die religiös und philosophisch geprägten Vorstellungen ab.

Christoph Wilhelm Hufeland (1762 - 1836) sieht im Fieber noch "eine erhöhete Thätigkeit des Gefäßsystems und beschleunigten Lebensprozess mit der damit unzertrennlich verbundenen vermehrten Wärmeerzeugung im Organismus." Für Hufeland ist das Fieber Ausdruck einer Naturkraft, die den Heilungsprozess einleiten soll. Boerhave, der das Fieberthermometer in die klinische Routine einführte, erkannte im Fieber ebenfalls eine heilsame Kraft. In seiner berühmten Vorlesung in Leyden sagte er: "Ich würde der größte Arzt sein, wenn ich ebenso leicht Fieber hervorbringen wie vertreiben könnte."

Die völlige Entmythologisierung des Fiebers vollzog sich dann im 19. Jahrhundert vor allem durch Virchow und Liebermeister, die der Temperaturerhöhung selbst die Schuld an vielen Schädigungen und Störungen anlasteten. Mit der Einführung der Salicylsäure in die Klinik im Jahre 1875 durch Buss wurde schliesslich eine antipyretische Bewegung eingeleitet, die noch heute das Denken vieler Ärzte bestimmt. Sie gipfelte in den Ausführungen Liebermeisters, der 1875 schrieb: "Von einer Heilwirkung des Fiebers oder überhaupt von einer günstigen Bedeutung desselben für den Organismus ist höchstens noch insofern die Rede, als man solche Anschauungen als veraltete Vorurtheile einer unwissenschaftlichen Periode bezeichnet". Eine positive Bedeutung des Fiebers für den Organismus war damit auf Jahrzehnte hinaus nicht mehr diskussionswürdig.(1) Diese durch die moderne Forschung längst widerlegte Auffassung hat sich leider bei vielen Ärzten bis heute erhalten.

2. Die Anfänge der Fiebertherapie
Schon immer beobachteten die Ärzte, dass selbst schwere Krankheiten durch Fieber günstig beeinflusst wurden, so z. B. Asthma, Psychosen und sogar Krebs. J. Wagner von Jauregg stellte fest: "Wenn ein Geisteskranker im ersten Halbjahr seiner Krankheit von einem Infekt (Bauchtyphus, Cholera, Wechselfieber, Rotlauf) befallen wird, so ist die Wahrscheinlichkeit eine sehr große, dass er dadurch von seiner Psychose geheilt wird." Er war einer der Pioniere der Fiebertherapie und erhielt im Jahre 1929 den Nobel-Preis für Medizin für die Malaria-Behandlung von Psychosen und Lues.

Friedrich Fehleisen wagte es 1882 in Würzburg bei Krebskranken mit Erysipelkokken einen oftmals über Wochen anhaltenden hochfieberhaften Infekt zu setzen.

1892 verwendete William B. Coley eine Mischung aus Streptococcus und B. prodigiosum, die er abtötete und als "Coleys Toxin" für die Behandlung von Sarkomkranken mit z. T. erstaunlichem Erfolg einsetzte. In der Literatur finden sich über 700 gut dokumentierte Fälle, bei denen eine spontane Rückbildung von Tumoren nach hochfieberhaften Infekten zu verzeichnen war.(2) In neuerer Zeit wurde die Fiebertherapie vor allem von Issels propagiert, der über sorgfältig dokumentierte Heilungen von inkurablen Krebskranken berichtet.

Während die Fieberbehandlung von Psychosen und Lues durch moderne Medikamente überflüssig geworden ist, konzentriert sich heute das Interesse für die Fiebertherapie vor allem auf die Behandlung der Krebskrankheit. Gerade auf diesem Gebiet ist ein Meinungswandel eingetreten, nachdem die Euphorie, die durch die Entwicklung moderner Chemotherapeutika eingetreten war, der nüchternen Erkenntnis weichen musste, dass die Heilungsraten für die häufigsten und wichtigsten Krebskrankheiten seit nunmehr 30 Jahren stagnieren und das trotz aller Fortschritte auf den Gebieten der Operations- und Strahlentechnik, sowie der Chemotherapie.

Lange Zeit wurde die Rolle des Immunsystems bei der Krebsbekämpfung ignoriert; ja man sprach der körpereigenen Abwehr jedwede Bedeutung in dieser Hinsicht ab. Diese Meinung änderte sich jedoch in den letzten Jahren mit der Entwicklung der Gentechnologie, die es ermöglichte, definierte immunaktive Substanzen wie z. B. Interferone, Interleukin, TNF u. a. in ausreichender Menge für klinische Versuche herzustellen. Alle diese Botenstoffe des Immunsystems zeigten bei ihrer klinischen Erprobung eine Gemeinsamkeit: Sie lösen Fieber aus.

Damit gerät die alte Fiebertherapie wieder in den Blickpunkt neuerer Forschungen; so befasst sich u. a. eine Forschungsgruppe der Universität Freiburg (Prof. Engelhardt) im Auftrag des Bundesforschungsministeriums zur Zeit mit dieser lange Zeit verächtlich gemachten Therapieform.

3. Therapeutische Grundidee und Methode
Was verstehen wir unter aktiver Fiebertherapie?

Aktive Fiebertherapie bedeutet, dass die Körperkerntemperatur durch körpereigene Mechanismen angehoben wird. Dies geschieht durch die Gabe fiebererzeugender Substanzen (exogene Pyrogene), die diese Veränderungen im Organismus herbeiführen. In der heute etablierten aktiven Fiebertherapie sind diese exogenen Pyrogene meist Bestandteile von Bakterien wie z. B. Lipopolysaccharide. Beteiligt an der Fiebererzeugung sind vor allem das Temperaturregelzentrum, das sich im Hypothalamus unseres Gehirns befindet. Hier findet eine Sollwertverstellung der Temperatur nach oben statt; der Körper wird dadurch aufgefordert vermehrt Wärme zu produzieren und er tut dies vor allem durch Muskelzittern (Schüttelfrost), durch Erhöhung des Stoffwechsels und durch eine Aktivierung des Kreislaufs. Heute wissen wir auch, dass die exogenen Pyrogene in der Regel nicht selbst das Fieber erzeugen können, sondern dass es Botenstoffe des Immunsystems sind (endogene Pyrogene wie z. B. Interleukine), die durch die exogenen Pyrogene aktiviert und freigesetzt werden und nun ihrerseits über den Hypothalamus die Temperaturerhöhung induzieren.

Diese aktive Fiebertherapie ist deshalb nicht gleichzusetzen mit einer passiven Überwärmung des Körpers von außen z. B. durch Überwärmungsbäder oder andere aufwendigere Verfahren zur Überwärmung des Körpers, die heute in der Krebsheilkunde vielfach an großen Kliniken unter dem Namen "Hyperthermiebehandlung" eingeführt sind.

Bei Temperaturen bis 38° C sprechen wir von subfebrilen Temperaturen; bis 39° C bezeichnen wir als mäßiges Fieber und ab etwa 39° C sprechen wir von hohem Fieber. Ausgehend von den empirisch erzielten Erfolgen, die immer wieder nach spontanem Fieber berichtet wurden, versucht man heute künstlich Fieber zu erzeugen und bedient sich dabei exogen zugeführter, bakterieller Endotoxine nach Art des Coley-Toxins, gereinigter Präparate von Lipopolysaccharid A3 oder auch Präparationen von Corynebakt. parvum.

Ziel und Sinn einer solchen Fiebertherapie sind Aktivierung des Immunsystems und vegetative Umstimmung des Organismus. Gerade bei chronischen Krankheiten beobachten wir überaus häufig eine gestörte Reaktion auf bzw. Regulation nach verschiedenen biologischen Reizeinwirkungen. Gut untersucht ist z. B. die gestörte Wärmeregulation beim chronisch Kranken (5,6) die interessanterweise in Beziehung steht zu einer gestörten Immunregulation. Durch thermische Messungen ist es daher möglich Rückschlüsse auf die Funktion des Abwehrsystems zu ziehen. Der Autor selbst stellt bei seinen onkologischen Patienten auch immer wieder fest, dass sie auf den durch die Injektion des Coley-Toxins gesetzten Reiz häufig nicht adäquat mit Temperaturanstieg und Leukozytose reagieren.

Mit Recht kann man daher annehmen, dass ein wesentliches Problem des chronisch Kranken seine gestörte vegetative Regulation ist, die es ihm nicht mehr erlaubt durch Reizeinwirkungen ausgelöste Störungen seines Organismus auszugleichen.

Möglicherweise liegt in diesem Problem auch der Schlüssel für die Krebskrankheit; denn was ist Krebs anderes als eine Störung der Regulation der Zelle, die nicht mehr in der Lage ist, freigelegte Onkogene abzuschalten, weil vermutlich die zelleigenen Repairsysteme versagen und andererseits deren Membran auf den Außenreiz des Zellnachbarn nicht mehr mit einer Wachstumshemmung reagiert?

Aber auch das Milieu, in dem eine Zelle lebt, ist entscheidend für ihr weiteres Schicksal. So wissen wir heute, dass sich maligne Zellen experimentell in normale Körperzellen redifferenzieren lassen, wenn man eine Milieuänderung vornimmt (7). Man weiß z. B. auch, dass sich Eier von Wasserschildkröten abhängig von der Umgebungstemperatur in männlich oder weiblich differenzieren. Das Milieu - in diesem Fall das Temperaturmilieu - bestimmt also auch hier die Differenzierung bzw. das Verhalten der Gene.

Hypothetisch darf deshalb zur Diskussion gestellt werden, ob die Milieuveränderung, die während des Fiebers stattfindet nicht auch eine redifferenzierende Wirkung auf maligne Zellen haben kann.

Erstes Ziel der Fiebertherapie ist es jedoch die blockierte vegetative Regulation im Sinne einer umstimmenden Reizkörpertherapie wieder in Gang zu setzen, damit der kranke Organismus die Möglichkeit bekommt sich selbst zu regulieren und damit Heilungsprozesse einzuleiten. Dass solche spontanen Heilungsprozesse selbst bei ausgedehnten Krebskrankheiten möglich sind, unser Organismus also durchaus über die Potenz der Selbstheilung großer Tumoren verfügt, das wissen wir aus gut dokumentierten Kasuistiken zu denen auch der Autor beitragen kann.

Solange es nicht gelingt, diese Regulation zu normalisieren, sind biologische Therapieverfahren und auch die heute an unseren Universitäten geübte Immuntherapie nur eingeschränkt und meist auch nur vorübergehend erfolgreich. Da unser Immunsystem sehr viel besser zu untersuchen ist, als vegetative Regulationsmechanismen, liegen uns eine Fülle von Arbeiten vor, die die positiven Wirkungen des Fiebers auf unser Immunsystem dokumentieren.

Grob schematisiert kann man folgende Feststellungen bezüglich der Immunmodulation durch die Fiebertherapie treffen:

Die bakteriellen Endotoxine bewirken das Fieber nur indirekt, indem sie auf Makrophagen einwirken und diese aktivieren. Aktivierte Makrophagen können nun verschiedene Botenstoffe des Immunsystems freisetzen und entfalten so eine sehr breite Wirkung sowohl auf das spezifische, als auch auf das unspezifische Immunsystem, dem in der Krebsbekämpfung eine gewichtigere Rolle zuerkannt werden muß, als dem spezifischen Immunsystem mit den T- und B- Lymphozyten. Diese freigesetzten Botenstoffe, insbesondere das Interleukin 1 und das Makrophagen-Entzündungsprotein 1 sind es, die auf den Hypothalamus einwirken und dort zu einer Sollwertverstellung im Temperaturregulationszentrum führen. Dadurch kommt es in der Peripherie zu Muskelzittern bzw. Schüttelfrost, Engstellung der Gefäße und damit zur Erhöhung der Körperkerntemperatur.

Gleichzeitig wirkt Interleukin 1 auf das Komplement- und Properdinsystem, die unspezifische humorale Komponente unseres Immunsystems, wodurch es zur Zytolyse von Krebzellen kommen kann. Aber auch die zelluläre Komponente mit den natürlichen Killerzellen, den Makro- und Mikrophagen, denen gerade in der Krebstherapie eine besondere Bedeutung zukommt, wird aktiviert. Über Interleukin 1 kommt es aber auch zu einer Aktivierung der T- und B- Lymphozyten.

Es entstehen u. a. Plasmazellen, die Immunglobuline und Antikörper synthetisieren können und es wird nun auch Interleukin 2 freigesetzt, das seinerseits wichtige Immunreaktionen in Gang setzt (Produktion von LAK-Zellen und Interferon). Aktivierte Makrophagen entfalten ebenfalls tumorizide Aktivitäten und sezernieren zytolytische Substanzen wie TNF, Proteasen oder H2O2.

Methode:
Nach Ausschluss von Kontraindikationen und sorgfältiger Untersuchung des Patienten werden fiebererzeugende Substanzen direkt intravenös gespritzt. Meist kommt es nach ca. 45 bis 60 Minuten zu Schüttelfrost und Temperaturanstieg unterschiedlichen Grades; Temperaturen bis 41,7° C wurden schon beim ersten Fieberstoß erreicht, sind jedoch selten; in der Regel steigt die rektal gemessene Kerntempertur zwischen 39° C und 40° C an und fällt nach zwei bis 3 Stunden langsam auf den Ausgangswert ab, kann aber bei manchen Patienten auch am nächsten Tag noch leicht erhöht sein. Symptomatisch können zusätzliche Medikamente gegen Übelkeit, Brechreiz oder Kopf- und Gliederschmerzen verabreicht werden, wobei wir allerdings darauf achten, daß diese Medikamente nicht antipyretisch wirksam sind.

Die Fieberstöße werden ein-bis dreimal pro Woche durchgeführt. Insgesamt sollten in einer Serie 10 bis 15 Fieberstöße verabreicht werden.

4. Spezifischer Charakter der Fiebertherapie, Abgrenzung zur reinen Immuntherapie und zur Hyperthermie
Ohne Zweifel ist Fieber eine der ontologisch ältesten Heilreaktionen des Organismus. Die erhöhte Körpertemperatur ist dabei offensichtlich nicht das entscheidende Kriterium, vielmehr sind es die Aktivierung des Immunsystems, die Wiederherstellung einer normalen Reaktionslage und eventuell auch die Änderung des Körpermilieus.

Daher ist die Fiebertherapie Regulations- und Immuntherapie zugleich und regt in hervorragender Weise die Selbstheilungskräfte des Körpers an.

Im Gegensatz zu der heute üblichen Immuntherapie mit isolierten immunaktiven Substanzen - den sogenannten BMF-Substanzen (biological response modifiers) wie TNF, Interleukinen oder Interferonen, die in unphysiologisch hohen Dosen verabreicht werden, induziert man bei der Fiebertherapie die Immunmechanismen auf physiologische Art und Weise. Das gesamte biologische System unseres Körpers wird nicht vergewaltigt, sondern auf natürliche Weise angeregt, so daß nicht nur das Immunsystem, sondern auch die übergeordneten Regelkreise des Systems positiv einbezogen werden. Dies erklärt die Erfolge der Fiebertherapie gerade auch bei Krankheiten mit allergischer oder autoaggressiver Komponente.

Aber auch gegen die von Ardenne inaugurierte Hyperthermie in der Bekämpfung der Krebskrankheit, die heute ebenfalls intensiv auf unseren Universitäten beforscht wird, muss man die Fiebertherapie abgrenzen. Ziel der Hyperthermie ist die thermische Schädigung der Tumorzelle. Durch die hohe Konvektion ist es sehr schwierig die erforderliche Temperatur von 42,5° C und mehr über längere Zeit in Tumor zu erzeugen; in der Regel genügt auch dies nicht, vielmehr ist die Hyperthermie besser in Verbindung mit einer Strahlen- oder Chemotherapie wirksam. Durch die thermische Schädigung soll die Tumorzelle lediglich für die Folgebehandlungen - Chemo- und Radiotherapie - empfindlicher gemacht werden. Beide - Chemotherapie und Strahlentherapie - bewirken jedoch genau das Gegenteil dessen, was die Fiebertherapie zu erreichen sucht: Sie supprimieren das Immunsystem und blockieren die vegetative Regulation. Es ist andererseits auch bekannt, daß in der Initialphase der Hyperthermie - ähnlich wie bei der aktiven Fiebertherapie - eher eine Immunsuppression auftritt, die erst später von einer moderaten Immunaktivierung gefolgt wird. In dieser Phase wirkt dann jedoch in der Regel bereits die immunsuppressive Folgetherapie, sofern die Hyperthermie mit einer Strahlen- oder Chemotherapie kombiniert wird.

Es ist demnach wichtig herauszustellen, dass aktive Fiebertherapie und passive Hyperthermie weder in ihren Zielsetzungen noch in ihren Auswirkungen miteinander vergleichbar sind.

Für die Wirkung der Hyperthermie ist allein die in einem umschriebenen Gewebsbezirk erreichbare Temperaturerhöhung ausschlaggebend; bei der Fiebertherapie dagegen ist nicht die Höhe des Fiebers entscheidend, sondern die durch die Fieberinduktion erreichbare Immunmodulation, die Änderung des Körpermilieus und die Wiederherstellung einer normalen Reaktionslage.

5. Indikationen und Kontraindikationen für eine aktive Fiebertherapie
Aus den bisherigen Darstellungen ergibt sich, dass eine aktive Heilfiebertherapie besonders bei Krankheiten indiziert ist, die mit einer Schwäche oder Störung des Immunsystems einhergehen und die chronifiziert sind.

    Indikationen:
    - Onkologische Erkrankungen aller Art (außer akuten Leukämien).

    - Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis und Kollagenosen: Primär chronische Polyarthritis M. Bechterew Polyneuritis Guillain - Barré

    - Chronisch entzündliche Zustände wie: Colitis ulcerosa M. Crohn Chronische Bronchitis Chronisch rezidivierende Abszesse oder Pyodermien

    - Allergische Erkrankungen wie: Chronische Urticaria, Pollinosis, Allergisch bedingte Ekzeme

    Kontraindikationen:

    - Akute mikrobielle Infektionen

    - Herz- und Kreislaufinsuffizienz - Zustand nach Herzinfarkt oder Lungenembolie - Herzrhythmusstörungen - Hypertonie

    - Schwere Leberparenchymschäden

    - Nebenniereninsuffizienz

    - Hämorrhagische Diathese

    - Ulcus ventriculi sive duodeni

    - Schwangerschaft

Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Häufige Nebenwirkungen leichterer Art: Kopf- Rücken- oder Gliederschmerzen Übelkeit, Erbrechen Schüttelfrost Durchfall Kreislaufbeschwerden durch Hypotonie Lippen- und Akrozyanose.

Seltene, sofort behandlungsbedürftige Nebenwirkungen: Schwere kardiovaskuläre Probleme, Thrombosen, Lungenembolie, allergische Reaktionen.

6. Erfolge und Wirksamkeitsnachweis
Die Fiebertherapie gehört zu den empirisch gefundenen Therapieformen. Schon immer hatten die Ärzte beobachtet, dass nach Fieberanfällen schwerwiegende, oft als unheilbar angesehene Krankheiten zum Verschwinden kamen. So wird dem Griechen Parmenides (540 - 480 v. Chr.) sogar der Ausspruch zugeschrieben: "Gebt mir die Macht Fieber zu erzeugen, und ich heile jede Krankheit." In neuerer Zeit waren es Coley (10) und Issels (11), die systematisch die Fiebertherapie gerade bei Krebskranken mit gutem, manchmal sogar spektakulärem Erfolg anwendeten. Seit Anfang der 80er Jahre wurden mehrfach auch kontrollierte Studien zur Fiebertherapie vorgenommen, wobei unterschiedliche Endotoxine Verwendung fanden.

Als indirekter, epidemiologischer Wirksamkeitsnachweis können etliche epidemiologische Studien gelten, die fast übereinstimmend zeigten, dass Patienten, die selten fieberhafte Infekte erleiden einem deutlich erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt sind. Man kann daher mit gutem Recht sagen, daß die Evidenz für die Wirksamkeit der Fiebertherapie sehr eindrucksvoll ist und sich nicht nur auf dokumentierte Therapieerfolge, sondern auch auf klinische Beobachtungen, tierexperimentelle Studien und epidemiologische Befunde stützt

Die Aktivierung des Immunsystems nach einer Fiebertherapie ist auf verschiedene Weise direkt meßbar. So lassen sich z. B. direkt die erhöhten Serumspiegel von Interleukin 1 und 2 messen, ebenso wie die Erhöhung von Leukozyten, B- und T-Lymphozyten, NK-Zellen und LAK-Zellen.

Vor der Aktivierung kommt es allerdings in der Initialphase zunächst zu einer Suppression, erkennbar an einem deutlichen Absinken der Leukozytenzahl in den ersten Stunden nach Injektion des Endotoxins. Es kann somit nicht bestritten werden, dass durch die Fiebertherapie eindeutige immunologische Effekte in vivo ausgelöst werden, die eine Erklärung für die klinisch beobachteten Effekte darstellen.

7. Verbreitung der Fiebertherapie
Die Therapie mit aktivem Fieber ist besonders im deutschsprachigen Raum verbreitet. Sie wird in manchen spezialisierten Kliniken unter stationären Bedingungen und ambulant von niedergelassenen Ärzten, ja sogar von manchen Heilpraktikern durchgeführt.

Aber auch in den USA z. B. im Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York und in Japan wurde und wird die Fiebertherapie experimentell eingesetzt.

8. Wissenschaftliche Arbeiten über die Wirksamkeit der Fiebertherapie
Koch, R., Petruschky, J.: Beobachtungen über Erysipel-Impfungen am Menschen. Z. Hyg. 23, 477-489, (1896)

Wagner-Jauregg, J., von: Über die Einwirkung der Malaria auf die progressive Paralyse. Psychiatr.-Neurol. Wschr. 20, 132, (1918)

Coley W.B.: The treatment of inoperable sarcoma by bacterial toxins (of the Streptococcus of erysipela and the Bacillus prodigiosus). Proc. Royal Soc. Med. Surg. Sect. 3, (1909-1910), 1-48.

Coley, W. B.: The treatment of malignant tumors by repeated inoculations of erysipelas; with a report of original cases. Amer. J. Med. Sc. 105, 487-511 (1893)

Fowler, G. A.: Beneficial Effects of Acute Bacterial Infections or Bacterial Toxin Therapy on Cancer of the Colon or Rectum. Cancer Research Institute, N. Y. Monograph # 10, (1969 a)

Kempin, S., Cirrincione, C:, Straus, D. L. et al: Improved remission rate and duration in nodular non-Hodgkin's lymphoma (NHL) with the use of mixed bacterial vaccines (MBV). Proc. Amer. Soc. Clin. Oncol. 22, 514 (1981)

Nauts, H. C.: Pyrogen Therapy of Cancer: An Historical Overview and Current Activities. Trans. International Symposium on Cancer Therapy by Hyperthermia and Radiation, Washington, D. C., Apil, (1975 a)

Nauts, H. C.: Bacterial vaccine therapy of cancer. In "Proc. Symp. on Biological Preparations in the Treatment of Cancer, London, April 13 - 15, (1977)". Developments in Biological Standardization 38, 487-494 (1978) S. Karger, Basel

Katano, M. , Torisu, M.: New approach to managemant of malignant ascites with a streptococcal preparation OK-432. II. Intraperitoneal inflammatory cell-mediated tumor cell destruction. Surgery, 93, 365-373 (1983).

Schlesinger, D.: Endogenous mediators in host response to bacterial endotoxin. Microbiology - 1980. Am. Soc. Microbiol. (1980) 2-167

Westphal, O., Lüderitz, O.,Galanos, C., Mayer, H., Rietschel, E. Th.: The story of bacterial endotoxin. In: Chedid, L., Hadden, J. KW., Ipreafico, F., Ducor, P., Willogby, D., (eds) Adv. Immunopharmacol. 3, (1986), 13-34, Pergamon Press.

Remy, W., Hammerschmidt, K., Zänker, K. S., Ulm, K., Theisinger, W., Lange, J., Trappe, A., Maubach, P., Rastetter, J.: Tumorträger haben selten Infekte in der Anamnese. Med. Klin. 78, 95-98 (1983) Schulz, G.: Verhütet Fieber Karzinome? Münch. Med. Wschr. 111, 1051-1052 (1969)

Vosika, G. J., Barr, Chr., Gilbertson, D.: Phase-I-study of intravenous modified lipid A. Cancer immunol. Immunother. 18, 107-112 (1984)

Blatteis, C. M.: Ontogenetic development of fever mechanisms. In: J. M. Lipton (ed): Fever, S. 177-188. N. York 1980

Eggers, H. J.: Bedeutung von Fieber und Hyperthermie für den Verlauf von Virusinfektionen. In: Z. pyhs. Med. 2, 69-77 (1971)

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.




Dirk Ahnert
Heilpraktiker

Aktive Fiebertherapie

Die Fiebertherapie (=aktive Hyperthermie) ist eine sehr starke,immunstimulierende Therapie,bei der der Patient selbst aktiv Fieber erzeugt. Die immunologischen Veränderungen, die unter der aktiven Fiebertherapie gemessen werden, sind beachtlich.

Der Wert einer aktiven Fiebertherapie erweist sich nicht nur auf dem onkologischen Gebiet, sie kann bei zahlreichen Krankheitsbildern sinnvoll und mit zum Teil außergewöhnlich gutem Erfolg eingesetzt werden: Lues in allen Stadien, Gonorrhoe, Typhus und Paratyphus, Keuchhusten, Pneumonie, Fleckfleber, Meningokokkeninfektionen, Osteomyelitis; Virusinfektionen (Poliomyelitis, Hepatitis); allergische Erkrankungen (Asthma bronchiale, Hauterkrankungen, allergischer Schnupfen); rheumatische Krankheitsbilder (Bechterewsche Erkrankungen, rheumatisches Fieber, degenerativ-rheumatische Erkrankungen und Weichteilrheumatismus); Neuralgien und Neuritiden; Ulcus ventriculi et duodeni; chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn); Multiple Sklerose.
(Beitrag von Dr.med E.Göhring)
Aktive Fiebertherapie in meiner Praxis: Bahnhofsplatz 1 74321 Bietigheim-Bissingen Tel. 07142 / 7 88 55 7
Eine Fiebertherapie-Anwendung wird in meiner Praxis ambulant durchgeführt, das heißt für Sie, dass kein Krankenhausaufenthalt erforderlich ist, und sie anschl. an die Therapie-Sitzung wieder nach Hause gehen können. Sie sollten lediglich am Behandlungstag genügend Zeit mitbringen, um ganz in Ruhe zu entspannen. Lassen Sie sich von uns beraten.

Übrigens: (passive) Hyperthermie ist nicht vergleichbar mit aktiver Fiebertherapie und darf nicht verwechselt werden !

Aktive Fiebertherapie

Überlebensraten nach Tumorart bei aktiver Fiebertherapie  (Quelle: Dr.-med. E.Göhring)
Herzlichen Dank an Dr.med. E.Göhring, der durch seine langjjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Krebstherapie und der aktiven Fiebertherapie bereits vielen Menschen helfen konnte, und mir wertvolle fachliche Unterstützung gibt.
Seine Beiträge zur aktiven Fiebertherapie bei ArcheMed sind außergewöhnlich interessant !
Fragen dazu beantworte ich Ihnen gern. HP D.Ahnert


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