Saturday, July 17, 2010

GERMAN - 1868 Die MBV Fiebertherapie (Bakterien spritzen)




Die sog. Fiebertherapie wurde gegen Ende des letzten Jahrhunderts von Coley entwickelt und stellte in der Ära vor der Chemotherapie die einzige systemische Krebsbehandlung dar. Das Fieber wird zumeist durch Injektion abgetöteter Bakterien oder deren Bestandteile erzeugt. Gute Ergebnisse ließen sich erreichen bei Uterus-, Ovarial- und Mamma-Carcinom,
beim Morbus Hodgkin, beim multiplen Myelom, malignen Melanom und bei den Weichteil-Sarkomen.

Es wurden 5-Jahres-Überlebensraten von 50 bis über 60 % erhoben, was bei den o.g.Diagnosen sehr gute Ergebnisse darstellt (Nauts H.C.: Immuntherapie des Krebses -die Pionierarbeit von Coley; in: Hager E.D. u. Abel U. (Hrsg.) Biomodulation
und Biotherapie des Krebses; Verlag für Medizin Dr. E. Fischer, Heidelberg 1987, 132 - 150).

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Die Coley-Therapie ist eine mittlerweile in Vergessenheit gelangte Methode aus dem Bereich der unkonventionellen Krebstherapien, die auf den amerikanischen Chirurgen William Coley (1862-1936) zurückgeht (nicht zu verwechseln mit seinem Sohn William Bradley Coley der ebenfalls Chirurg war).

Die Coley-Methode zielt darauf ab, das Immunsystem des Kranken derart zu beeinflussen, dass es unter Fieber zu einer spontanen Remission der Krebserkrankung kommt. Das heute nicht anerkannte Verfahren kann zu den Immuntherapien bei Krebs und Fiebertherapien gezählt werden und als eine Form der therapeutischen Hyperthermie angesehen werden.

Der auch heute praktizierte Einsatz einer BCG-Impfung bei einigen Krebserkrankungen (Blasenkrebs) hat mit dem Coley-Verfahren nur am Rande zu tun und ist wegen Nachweises einer Wirksamkeit wissenschaftlich anerkannt.

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Streptococcus pyogenes

1888 hatte Coley erfolglos eine neunzehnjährige Patientin mit einem Knochkrebs (Sarkom) behandelt. Die New Yorker Patientin verstarb jedoch trotz Amputation eines Armes. Die Patientin namens Elizabeth Dashiell war eine Kindheitsfreundin von John D. Rockefeller, Jr. Ihr Tod veranlasste Rockefeller später Geldmittel für die Krebsforschung zu spenden. Coley soll der Legende nach sodann alle Krankenakten der letzten 15 Jahre in seinem Krankenhaus (dem späteren renommierten Memorial Sloan-Kettering Cancer Center) nach Therapieerfolgen bei Knochenkrebs durchmustert haben. Er stieß auf einen Patienten deutscher Herkunft mit Namen Stein, der mit Knochenkrebs an einem Erysipel erkrankte und später von Krebs gesundete. Coley machte den inzwischen entlassenen Patienten wieder einige Wochen später ausfindig und fand geraus daß sein Zustand sich nicht wieder verschlechtert hatte. Das Erysipel ist eine Infektion der Haut durch die Bakterie Streptococcus pyogenes. Auch glaubte Coley erkannt zu haben, dass Krebspatienten eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit zu Zeiten hatten, bevor antiseptische und sterilisierende Massnahmen in der Chirurgie Einzug hielten. Coley versuchte dann einen analogen Heilungsverlauf bei anderen Krebspatienten durch eine gezielte Infektion mit dieser Streptokokkenart zu erreichen, dies noch zu Zeiten, als wirksame Antibiotika für den Fall einer lebensbedrohlichen Infektion unbekannt waren. Seine ersten Versuche verliefen erfolglos, und mindestens zwei seiner ersten Versuchspatienten verstarben an der künstlich gesetzten Streptokokkeninfektion.[4] Später setzte er Streptokokkenkulturen ein sowie bakterielle Toxine und berichtete über Erfolge.

Der Pharmahersteller Parke-Davis begann auch mit der Produktion des Coley Toxin.


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Das von Coley entwickelte Mittel wurde als Coley toxin, Coley fluid und Coly vaccine bekannt. Um gefährliche und potentiell tödliche Streptokokkeninfektionen zu vermeiden, verwendete er schließlich sterilisierte, abgetötete Streptokokkenkulturen, die er mit Bakterien der Gattung Serratia marcescens vermischte. Diese Mischung wurde als eigentliches Coley Toxin bekannt. Allerdings wurden im Laufe der Zeit mindestens 13 verschiedene Präparate entwickelt. Auch die Applikation wurde laufend verändert. Mal wurde das Mittel intravenös angewandt, oder intramuskulär oder direkt in den Tumor gespritzt.

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Das Coley Toxin wurde auch von der kleinen deutschen Firma Südmedica hergestellt und als Vaccineurin bis zum Jahr 1990 verkauft, als die Zulassung nicht erneuert wurde.

Zu Lebzeiten von Coley war seine Methode trotz der damals noch weniger effektiven anerkannten Behandlungsmethoden umstritten und Coley musste sich wegen erfolgloser Behandlungen mit seinem Coley-Toxin durch andere Ärzte dem Vorwurf gefallen lassen, als Scharlatan bezeichnet zu werden. Ihm wurde insbesondere vorgeworfen selektiv Behandlungserfolge zu zitieren und seine behandelten Patienten nicht in einem follow-up längerfristig weiter zu beobachten. Eine Kritik zu Ende des 19. Jahrhunderts war beispielsweise in einem Artikel der JAMA von 1894 zu finden, der auf eine fehlende Replizierung von Coleys Erfolgen hinwies. Im JAMA Leitartikel heißt es dazu wörtlich: "There is no longer much question of the entire failure of the toxin injections, as a cure for sarcomata and malignant growths. During the last six months the alleged remedy has been faithfully tried by many surgeons, but so far not a single well-authenticated case of recovery has been reported."  [6] 1934 war ein weiterer Leitartikel der JAMA optimistischer formuliert[7] und verwies auf die Möglichkeit einzelner spontaner Remissionen durch die Coley-Mittel. In den 1920er Jahren wurden Coleys Behandlungserfolge auch vom Bone Sarcoma Registry skeptisch gesehen, das als eines der ersten Krebsregister versuchte, alle bekannten Krebsfälle zu registrieren und zu analysieren.[8] Man zweifelte bei den Behandlungsfällen von Coley auch die jeweils vor Behandlung gestellten Diagnosen an. 1953 wurde in den USA die Produktion der Coley-Toxine untersagt und 1962 verbot die Food and Drug Administration FDA das Coley Toxin endgültig

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Indizien aus getrennten Forschungsgebieten - historische Experimente mit Bakterienextrakten an Krebspatienten, Fallstudien zur Spontanregression, Infektionsepidemiologie - lassen zusammengenommen den Schluss zu, dass die Rolle des Immunsystems - insbesondere des angeborenen Immunsystems - bei der Vorbeugung, aber auch Therapie von Krebs unterschätzt wurde.

Einführung

Spontane Regressionen und Remissionen bei Krebs werden in onkologischen Kreisen immer noch als Mysterium angesehen. Doch eine sorgfältige Analyse publizierter Fälle weist auf, dass viele von ihnen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einem heftigen fiebrigen Infekt auftraten.  Diese Beobachtung, erstmals 2001 mit einer immunologischen Hypothese publiziert, passt zu den Versuchen der Injektion bakterieller Extrakte von Busch, Coley und Zeitgenossen vor mehr als 100 Jahren, sowie zu epidemiologischen Daten , die mehrfach zusammenfassend in Fachzeitschriften diskutiert wurden (2005 , 2008a , 2008b). 

Inzwischen gibt es ein biochemisches Erklärungsmodell. Substanzen, die nur bei Krankheitserregern, nicht aber normalerweise im Menschen vorkommen und die man als  'pathogen associated molecular pattern' (PAMP) oder 'Toll-Liganden' bezeichnet, sind wahrscheinlich verantwortlich. Diese Substanzen alarmieren das angeborene Immunsystem und ermöglichen eine stärkere Immunantwort als Tumorantigene allein.

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Bislang hat man sich in der Krebs-Immuntherapie auf Tumorantigene konzentriert, also das adaptive Immunsystem. Erst in jüngster Zeit wendet sich die Aufmerksamkeit auch dem angeborenen Immunsystem zu. PAMP-Substanzen befinden sich in den ersten Phasen klinischer Tests. Allerdings ist die Art und Weise, wie sie angewendet werden, suboptimal (siehe Hobohm, Grange, Stanford "PAMP in cancer immunotherapy", Critical Reviews in Immunology 28(2):95–107).



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